von links: Rolf Stahlhofen und Oliver Dohmen

In einem Vorort von Mannheim, Donnerstag, den 30.06.2011, in einem Gasthaus sitze ich mittags zusammen mit Rolf Stahlhofen (41) für meine Rubrik „Special Friends of uniQue society“ und führe mit ihm, während wir eine leckere Brotzeit zu uns nehmen (Brezelsuppe mit Brot und Schmalz), ein sehr interessantes und spannendes Interview.

„Als erstes finde ich es überhaupt nicht schlimm, dass man mich nicht kennt …“

Solokünstler und UN-Botschafter Rolf Stahlhofen über seine Zeit bei den Söhnen Mannheims, warum sein Benefizkonzert „Menschen am Fluss“ plötzlich das größte Konzert Deutschlands zugunsten der Oder-Neiße-Flutopfer wurde, wie er der erste europäische „Messenger of Truth“ der UN geworden ist, warum er sich für Peter Maffay jederzeit wieder zwei Federn in den Arsch stecken würde und wie er uniQue society in Zukunft bei deren Charity-Events unterstützen möchte.

INTERVIEW Oliver Dohmen (alias Mister UniQue)

mr. uniQue: Wie wichtig ist Facebook für dich bei deiner täglichen Arbeit?

Stahlhofen: Unser Headquarter ist in Kenia und da hast du die Leute gleich auf dem Punkt und du hast sie sofort, wenn du sie brauchst. Ich habe viele Leute in den Staaten mit denen ich arbeite. Ich bin intensiv zwei Stunden am Tag bei Facebook. Wobei ich jetzt gerade mit meinem Büro am klären bin, dass sie meinen Facebook-Account übernehmen, weil ich dafür die Zeit nicht mehr finde. Es ist halt ein Zeitdieb und bis vor vier Jahren hatte ich noch überhaupt keinen Computer. Facebook ist ein Segen und ein Fluch für mich. Mir geht eh die Politik von Facebook tierisch auf den Sack. Und ich will jetzt persönlich raus aus dieser Nummer und möchte versuchen, dies abzutreten an mein Büro und schauen, dass ich mir einen No-Name-Account zulege für meine Homies. Andererseits nutze ich auch meinen Account bei Facebook für mich, ich bin ja auch ein Meckerer und wenn ich was sehe, was mich nervt, wenn ich den Fernseher anschalte oder Nachrichten lese oder was auch immer. Ich nutze es dann auch um meine Meinung zu staten, aber ich glaube, dass kann ich auch wieder auf meiner Homepage kommunizieren. Also ich bin gerade so für mich am überlegen, weil ich jetzt extremst eingebunden bin in diese „Wassergeschichte“. Ich bin ja Wasserbotschafter der UN-HABITAT geworden und habe jetzt auch eine Wasserstiftung gegründet. Das ist so zeitintensiv und ich will mal wieder egoistisch sein und mal wieder nur meine Musik machen.

mr. uniQue: Kommen wir jetzt mal zu der Frage: Wer bist du? Für die, die dich nicht kennen sollten.

Stahlhofen: Als erstes finde ich es mal überhaupt nicht schlimm, dass man mich nicht kennt.

mr. uniQue: Aber für jemanden, der dich nicht kennt, die Leute sollen dich doch besser kennenlernen. Also: Wer bist du?

Stahlhofen: Das frage ich mich oft selber: „Wer bin ich?“ Also in erster Linie bin ich Musikfan und Sänger. Und sing‘ jetzt seit knapp 20 Jahren beruflich. Habe mit der RTL-Samstag-Nacht-Allstar-Band angefangen zu singen. Habe hier in Mannheim/Heidelberg mit The Wright Thing von Jason Wright angefangen. Dort habe ich dann Xavier Naidoo kennengelernt, als er mir damals sein brandneues Projekt erzählt hat, was er machen möchte, mit den Söhnen Mannheims, wo er mich gefragt hat, das zu tun. Dann habe ich mit Xavier und vielen anderen die Söhne Mannheims gemacht bis 2003. Und dann wollte ich ein wenig mein Ego pflegen und meine eigenen Sachen machen. Und außerdem wurde mir diese Söhne-Mannheim-Kiste zu unüberschaubar. Es waren zu viele Leute von außen, die dort reinkamen, so wie Anwälte und Manager und alles mögliche. Was wahrscheinlich auch sehr wichtig ist, aber ich habe aus einem anderen Grund aus angefangen, Musik zu machen. Und eigentlich um auch weiterhin ein Fan und ein Freund der Band zu sein, bin ich ausgestiegen, als wir auf Platz 1 waren. Da habe ich mir gedacht, ob ich mich jetzt noch im Spiegel anschauen könnte, wenn ich da weiter geblieben wäre und in Ruhe der Dicke mit der Glatze von den Söhne Mannheims gewesen wäre. Da wäre ich vielleicht erfolgreicher, so als Gegenpart zum Xavier, weißt du, das war ja immer dieses visuelle Bild, der Xavier und meine Wenigkeit.

mr. uniQue: Das habt ihr beide schon geprägt. Ich habe mir so manche Videos aus dem ersten Album angeguckt und ihr beide seid die, die überwiegend zu sehen sind bzw. das Bild prägen.

Stahlhofen: Unbewusst. Aber das ist ja auch ganz klar, Xavier der hübsche Bub und dann natürlich das krasseste Gegenteil ist halt der Glatzkopp. Wo wir am Anfang auch sehr martialisch aussahen. Ich mit meinem Ledermantel und der Sonnenbrille oder mit einer goldenen Bomberjacke. Frag mich nicht, warum wir goldene Bomberjacken hatten, aber damals fanden wir es cool.

mr. uniQue: Wie siehst du die Söhne Mannheims heute?

Stahlhofen: Also ich mag die, also ich kenn‘ ja die Jungs und ich weiß, dass sie eine fantastische Live-Band sind. Für mich die besten Musiker, mit denen ich bisher zusammen gearbeitet habe. Aber man ist ja auch ein Siebzehntel in dieser Geschichte und vielleicht bin ich ja auch kein gutes Herdentier, sondern zu sehr Alpha – ich weiß es nicht. Aber auf jeden Fall, wenn ich dort weiter geblieben wäre, hätte ich Sachen gemacht, die den Söhnen vielleicht nicht gepasst hätten, weil ich ja schon immer meine eigenen Dinger machen wollte. Ich habe ja bereits 2002 mein erstes „Menschen am Fluss“-Konzert gemacht und das war ein Einzelding. Wo ich natürlich meine Freunde der Söhne mit dabei hatte und viele andere, aber es war ein Einzelding. Vielleicht bin ich aber auch nicht teamfähig. Und ich kann jetzt aber immer noch ein Fan der Band sein und freue mich immer, die Jungs zu sehen. Aber vor allen Dingen: Ich denke, wir beide haben uns gut getan, also am Anfang war es wichtig als krasser Gegensatz von Xavier da zu sein, damit es nicht Xavier Naidoo solo ist, sondern dass es die Söhne sind. Aber ich habe natürlich, ich meine bevor ich bei den Söhnen war, habe ich ja bereits als Tourneeleiter und Roadie gearbeitet und war Produktionsleiter für die größten Produktionen der Welt. Ich war schon immer im Rock´n´Roll-Business. Aber als ich dann weg bin, habe ich natürlich die musikalischen Kontakte, die ich da getroffen habe, die haben mir dann wieder die Lust bereitet, mehr zu machen. Und dann kam plötzlich Maffay (Anm.: Peter Maffay). Da habe ich ihn kennengelernt und dachte nur: „Was für ein geiler Typ.“ Was für ein wunderbarer Musiker er ist und dann hat er mich gefragt, ob ich Tabaluga mitmachen möchte.

mr. uniQue: Was war das für dich für eine Erfahrung?

Stahlhofen: Es ist halt die größte Musicalproduktion, die es je in Europa gab. Es ist eine gigantische Produktion und man lernt viel, man kann von Peter Maffay sehr viel lernen. Und Peter Maffays Band ist ein großer Teil des Panikorchesters und vor dir sitzt einer der größten Udo-Lindenberg-Fans und Udo hat ja auch dort mitgemacht als „Pechvogel“ und ich war der „Kuckkuck“. Ebenfalls waren Heinz Hönig und Rufus Beck dabei.

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von links: Oliver Dohmen und Rolf Stahlhofen

mr. uniQue: Wird es Tabaluga nochmal geben?

Stahlhofen: Wird es auf jeden Fall, denn es ist ja wieder in der Planung. Das wird so alle 10 Jahre geplant, weil es zu groß ist und jede Menge Action bedeutet.

mr. uniQue: Wie Du selber sagtest, da waren ja schon namhafte Persönlichkeiten dabei.

Stahlhofen: Absolut. Götz Alsmann, die Prinzen, Sissy Perlinger, die eine tolle Kabarettistin ist, usw. Ich habe Peter noch vor drei Tagen getroffen und ihm gesagt, er ist der einzige, für den ich mir ein Vogelhäuschen auf den Kopf setze und zwei Federn in den Arsch stecke. Weißt du, jetzt habe ich eine Tochter, jetzt macht es Sinn und damals war ich so der Typ, der einfach nur singen wollte. Aber es war geil und du siehst, wie du die Leute damit beeindruckst.

mr. uniQue: Was kam dann nach Tabaluga? Stahlhofen: Nach den Söhnen habe ich Maffay gemacht und dann kamen ja viele andere Sachen, weißt du, ich habe das Mann‘em Soul Orchestra gemacht, was ich schon immer machen wollte und eine Leidenschaft von mir war. Ich bin einfach wahnsinnig gerne Sänger und Musiker und ich möchte gerne verschiedene Sachen machen und mir ist es egal, ob es ein großes Stadion oder ein kleiner Club ist, der brennt. Weißt du, das ist mir völlig egal. Ich weiß noch, als wir damals mit den Söhnen und U2 auf Tournee waren, wo ich meinen Gitarristen von meiner anderen Band angerufen habe: „Alter, hol‘ mich hier raus und lass‘ mich schnell hier in irgendeinem Club spielen, damit ich nicht die Bodenhaftung verliere.“ Denn es ist schon geil, wenn du von der Limo abgeholt wirst und du wirst gepampert, bist in einer Suite und alles mögliche, aber ich mag es auch wenn es schwitzt und du die Leute direkt in der Fresse stehen hast.

mr. uniQue: Man sieht dir auch diese Leidenschaft für die Musik in deinen Augen an, wenn du davon erzählst.

Stahlhofen: Ich habe mir auch irgendwann vorher mal geschworen, dass wenn ich keinen Bock mehr habe Musik zu machen, dass ich aufhöre in dem Moment. Ich denke, in dem Moment, wo du auf der Bühne stehst und Unzufriedenheit ausstrahlst, dass die Leute das merken. Ich glaube, dass die Leute nicht so blöd sind.

mr. uniQue: Man merkt einem Künstler im Gegenzug aber auch an, wenn es ihm einfach nur richtig viel Spaß macht auf der Bühne zu stehen bzw. einfach nur singen zu dürfen. Stahlhofen: Und ich bin ein Musikfan und ich mag alle Arten der Musik, ob es jetzt Soul, Pop, Rock, Hip-Hop, Klassik, Jazz usw. ist. Ich habe mich jetzt dabei ertappt, es gibt in den USA so eine Contempary-Country-Szene, wo ich gedacht habe: „Um Gottes willen, sind die gut.“ Ich höre mir aber auch Electro an. Ich bin der Meinung, wenn Musik ehrlich weggeschickt wird, dann bewegt sie was.

mr. uniQue: Inwiefern waren denn deine ersten Jahre prägend für deine Entwicklung? Du bist ja nicht in Deutschland groß geworden.

Stahlhofen: Also, was ganz wichtig war, ist, dass ich neben Asien auch in Afrika gewohnt habe, genauer gesagt in Nigeria. Da ist Musik allgegenwärtig. Du rennst auf die Straße und überall haben die Leute die Lautsprecher vor der Tür hängen und es läuft Musik. Das heißt, für mich war das immer Standard, überall Musik zu hören. Das ist eine Sache, die mich an Deutschland stört, nämlich das man nicht einfach draußen Musik hören kann. Das hat mich immer beeindruckt. Ich als kleiner Junge in Nigeria habe es geliebt, am Wochenende mit meinen Eltern bei meinem Vater (Anm.: als Ingenieur im Ausland tätig gewesen) und seinen Mitarbeitern zu sein und mit denen zu feiern. Und da wurde wirklich tagelang getanzt. Und wenn du müde warst, hast du irgendwo gepennt, z. B. auf dem Schoß meines Vaters.

mr. uniQue: Was war das Besondere für dich, in diesen verschiedenen Ländern aufzuwachsen? Stahlhofen: Ich denke, was da ganz wichtig ist, dass du keine Grenzen siehst. Weil du diese ganzen verschiedenen Kulturen einfach als Menschen siehst. Wenn du in einem Land immer am selben Ort lebst, dann fällt dir ein Türke, ein Chinese, ein Araber, ein Engländer usw. auf. Wenn man in unterschiedlichen Ländern gewesen ist, merkt man es nicht mehr. Es gibt einfach auf der ganzen Welt wunderbare Menschen, aber auch überall Arschlöcher und dies hat nichts mit der Nationalität zu tun. Es gibt grundehrliche Menschen überall und es gibt aber auch überall Loser und Schwätzer.

mr. uniQue: Ab wann hast du begonnen, dich auch sozial einzusetzen? Schon während du bei den Söhne Mannheims gewesen bist oder erst danach?

Stahlhofen: Das war auch schon vor den Söhnen so. Ich habe dafür nie eine Band gebraucht oder einen bestimmten Grund.

mr. uniQue: Hat dir deine zunehmende Popularität dabei geholfen?

Stahlhofen: Nicht nur durch meine Popularität, sondern durch meinen Bekanntenkreis, der immer populärer wurde. Ich habe die einfach in Pflichthaft genommen. Wir können uns treffen und zusammen feiern, aber irgendwann soll man sich auch zusammensetzen und sich sagen: „Uns geht es doch gut, we are blessed. Lass‘ uns doch mal was Sinnvolles machen.“ Das kann ja jeder. Ich in der Musik, weil ich einfach das Telefonbuch habe, mit den Leuten drin. Kann die anrufen und fragen: „Stellst du mir deine Zeit und deine Kunst zur Verfügung?“ Jeder Rechtsanwalt könnte sich einmal in der Woche einen Klienten nehmen, der ihn sich nicht leisten kann. Man stellt ja wirklich eigentlich nur seine Zeit und das, was man kann, zur Verfügung, wenn man es macht. Und vor allen Dingen ohne was zu erwarten. Ich mag dieses „Gutmenschdingen“ nicht. Wobei ich es schade finde, dass „Gutmenschen“ so einen Beigeschmack hat, dieses Wort, weil „gute Menschen“ sind das beste was dir passieren kann. Und es ist ein universelles Gesetz – eine gebende Hand wird nie leer. Energie kennt ja auch keinen Raum. Und da glaube ich auch daran, denn es gibt dir auch ein geiles Gefühl, wenn du sowas gemacht hast. Es macht dich kreativer und dich auch belastbarer usw. Und uns geht es ja wirklich nicht schlecht, denn jeder, der abends weggehen und feiern kann, dem geht es schonmal besser als ca. 70 % der Menschen auf der Welt. Man hat auch das Recht auf feiern und dann kommt es darauf an, wie man feiert. Also ich habe die geilsten Feiern in Nigeria, in Kenia oder in Asien in Slums gehabt. Und es ist immer das gleiche: Die, die nichts haben, sind die, die sofort bereit sind, was zu geben. Das ist ja immer das Schlimme! Und der, der viel hat, hat Angst, es zu verlieren.

mr. uniQue: Du bist ja UN-HABITAT-Botschafter. Wie ist es dazu gekommen? Und wieso der Schwerpunkt „Wasser“?

Stahlhofen: Also ich bin ja im Ausland aufgewachsen, Saudi-Arabien, Nigeria usw., also in wasserarmen Ländern. Oder in Nigeria, wasserarm und wenn es regnet, zuviel Wasser. Wasser ist dort ein elementares Thema. Und für mich war Wasser schon immer wichtig. Und als ich die ersten Konzerte gemacht habe, das erste große Charity-Konzert „Menschen am Fluss“ in Mannheim damals bei dieser Oder-Neiße-Flut. Wo wir innerhalb von acht Tagen mal so auf die Schnelle ein Konzert auf die Beine gestellt haben mit jedem, den ich angerufen habe und zugesagt hat. Ob das Maffay, Lindenberg, Otto Walkes, Fanta4 waren, die haben alle zugesagt. Dann wurde es nach diesen Telefongesprächen das größte Benefizkonzert in Deutschland für diese Flut. Ich wollte eigentlich nur ein kleines Konzert machen. Und da haben wir für die Flutopfer was gemacht und da habe ich gemerkt: Okay, ich kann mit meiner Musik und mit meiner Zeit, wenn ich die sinnvoll einsetze, was bewegen. Weil wir hatten acht Tage Zeit und danach vier Mio. Mark, die wir spenden konnten. Und haben die 1:1 weitergegeben, weil ich das ja nicht so vereinsmässig gemacht habe und ich nur dachte: „Die Kohle ist da und können wir weitergeben und einmal im Jahr könnte ich sowas doch machen.“ Und wir haben uns dann immer verschiedene Projekte ausgesucht, aber meistens immer mit dem Thema „Wasser“. Ich habe festgestellt, Wasser ist eine Geschichte, die mich immer interessiert. Und dadurch kam dann die UN-HABITAT auf mich zu. Da gibt es einen Bereich, das ist die „Urban Youth Section“ und Kofi Annan hat ein Netzwerk ins Leben gerufen, das heißt „Messenger of Truth“, weil er sagt, Musiker, Künstler und Filmemacher usw. können mehr bewegen als Industrie und Politik, wenn sie ihre Stimme sinnvoll einsetzen. Und aufgrund meiner Arbeit bin ich gefragt worden, ob ich Lust hätte, der erste europäische „Messenger of Truth“ zu werden. Sozusagen als Künstler für die UN.

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mr. uniQue: Und was darf ich mir darunter praktisch vorstellen?

Stahlhofen: Ja, dann war ich mal bei zwei oder drei „World Urban Forums“, also Weltforen gewesen, in Rio und in Nanjing (China) und da dachte ich nur so: „Die fliegen mich jetzt für teueres Geld rein, zahlen mir den Flug, zahlen mir ein fancy Hotel und Essen usw., aber wir bewegen nichts.“ Wir reden vor ein paar Leuten, aber dann werden Worthülsen weggefeuert und dann nicken sie und ich bekomme schon das Kotzen, wenn ich das Wort „Nachhaltigkeit“ höre, weil das nicht mit Leben gefüllt wird. Da habe ich einen Warnschuss abgegeben und gesagt: „Leute, wenn das so weitergeht, dann bin ich raus als ‚Messenger of Truth’, denn ich mache meine Sachen sowieso, ob mit oder ohne die UN-HABITAT.“ Und dann kam der Sprecher der Abteilung „Water & Sanitation“ von der UN-HABITAT auf mich zu und ich sagte zu ihm, dass ich mich gerne mehr auf das Thema „Wasser“ konzentrieren würde und er meinte nur: „Dann schreib‘ doch mal einen Wassersong.“ Mit dieser Info, das hat er mir in Shanghai gesagt, bei der UN-HABITAT-World-Expo, bin ich zurück nach Deutschland, habe mich hingesetzt mit meinem Schlagzeuger, der hat mir einen Beat gegeben und in kürze war ein Songgerüst fertig. Dann rief ich in Kenia an und fragte, ob er das jetzt ernst gemeint hat, denn ich würde es gerne mit anderen Künstlern aus Afrika aufnehmen. Er meinte nur: „Okay, setz‘ dich in einen Flieger und komm‘ her.“ Dann bin ich nach Kenia geflogen und habe den Song mit zwei weiteren afrikanischen „Messenger of Truth“-Künstlern aufgenommen. Als der Song fertig war, haben sie mich gefragt, ob ich diesen Song in Kapstadt beim World Water Day präsentieren möchte. Das habe ich dann gemacht und bin mit 22 Personen von hier nach Südafrika geflogen und habe die Eröffnung des World Water Day gemacht, wo sich die komplette Wasserelite trifft, wie z. B. die großen Entscheider aus Wirtschaft und Politik usw. Ich habe den Song gespielt und habe während des Songs zu den Politikern gesagt – die Band hat so leicht im Hintergrund gegroovt –: „Ihr geht jetzt raus zu euren Konferenzen und entscheidet über Wasser. Lasst euch bitte gesagt sein: Wasser ist nicht das neue Öl. Das habe ich nämlich hier auf den Gängen schon ein paar Mal gehört. Denn ich kann selber entscheiden, ob ich mit dem Fahrrad fahre oder mit dem Auto, aber du kannst nicht entscheiden, ob du trinkst oder nicht. Du kannst wochenlang ohne Essen auskommen, aber keine drei Tage ohne Wasser, denn dann verreckst du. Also ohne Wasser geht es nicht. Geht jetzt nicht weg und verdealt das Wasser weltweit. Denn Wasser gehört nicht in die Hände von Konzernen. Nicht Nestlé soll das Wasser gehören und nicht RWE, denn jeder Mensch soll Zugang haben zu sauberem Trinkwasser, zu bezahlbaren Preisen in jeder Region. So bezahlbar wie es geht, wenn es nicht geht, muss es umsonst sein.“ Und das habe ich im Song gesagt und habe gesagt: „Ich will solange wir hier alle da sind und tanzen – da kann man nämlich nichts falsch machen beim Tanzen – dass ihr mir jetzt entgegenschreit, wir sind nämlich eure Zeugen: ‚Water is a human right’. Und genau mit dem Schmalz im Ohr müsst ihr in eure Konferenzen gehen und euch das bewusst machen. Egal, was ihr macht, ich will, dass euch diese Melodie wie ein Kaugummi im Ohr nervt, denn sie muss da drin kleben bleiben und euch immer bewusst sein.“ In den nächsten drei Tagen habe ich auch auf einem VIP-Event des World Water Day singen dürfen, wo u. a. auch der Kronzprinz der Niederlande dabei war, der Generalsektretär und Präsident Zuma (Präsident von Südafrika), die ganzen Cracks halt und was war das Ende der Geschichte? Dass ich plötzlich 46 Wasseraufbereitungsanlagen gespendet bekommen habe wegen diesem Song. Auf dem Rückflug nach Deutschland dachte ich nur: „Ich habe zweimal den Song gespielt und das ist bewegt worden. Mal gucken, was wir noch draus machen.“

mr. uniQue: Bei deinem letzten Album „Besser Jetzt als Nie“ hast Du sogar mit dem weltbekannten Erfolgsproduzenten Paulo Mendonca (Joe Cocker, Craig David, Chris Brown usw.) zusammen gearbeitet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit bzw. wie habt ihr beide euch kennengelernt?

Stahlhofen: Paulo und ich haben eine Tournee zusammen gespielt 2004 in der Schweiz, so eine Allstar-Tour, und irgendwie haben wir zwei uns gerettet, denn so nach den Gigs in der Schweiz, wenn du irgendwo auf dem platten Land spielst und du bist um 23 Uhr noch voller Adrenalin, gehst von der Bühne runter und kommst dann in dein Gasthaus zurück und da ist dann nichts mehr und da haben wir halt sehr viel Zeit miteinander verbracht. Ich habe ihn bei mir ins Auto reingesetzt, wir haben viel Musik gehört, sind viel rumgecruised usw. Nach zwei bis drei Tagen meinte er: „Du kannst jederzeit nach Schweden kommen. Mein Studio ist dein Studio.“ Wir haben uns wirklich quasi musikalisch ineinander verliebt, irgendwie wie Brüder. Wir müssen mindestens zwei-/dreimal am Tag miteinander telefonieren, also wir haben eine gute Basis. Und ich habe vor ein paar Wochen wieder angefangen zu schreiben, weil ich die ganze Zeit wieder nicht dazu kam durch meine anderen Sachen und ich muss mal schauen, ich versuche gerade für mich herauszufinden, wo es eigentlich hingehen soll. Weil auf der einen Seite durch meine Gigs in Brasilien, Afrika oder Asien usw., triffst du viele verschiedene Musiker, die ganz andere Vibes mitbringen. Das reizt, aber, das glaube ich, müsstest du auch ganz intensiv betreiben, um ein Album mit unterschiedlichen Styles auf die Beine zu stellen. Ich bin jetzt gerade so für mich am Songs schreiben, treff‘ mich mit vielen Freunden und Kollegen und sammel da Material. Ich werde jetzt mal so 70, 80 Songs aufnehmen und dann werde ich mal ausmisten. Oder sagen wir mal skizzieren, nicht aufnehmen. Und dann werde ich ausmisten. Ich lasse mir gerne Zeit beim Musikmachen.

mr. uniQue: Wie bist du als Musiker? Wie wirst du inspiriert für deine Texte?

Stahlhofen: Ich lese sehr viel. Ich bin extremst neugierig und möchte gerne immer wissen, was los ist. Und dann gibt es manchmal Schlüsselsätze, die mich beeindrucken, Geschichten, die ich erzählt bekomme, Momente, die ich erlebe oder sowas, wo ich mir eben was aufschreibe und dann sitzt du im Studio und jammst ein bisschen und dann kommt mal eine Melodie und dann holt man sich da irgendwie so Fragmente raus, die man irgendwo aufgeschrieben hat oder manchmal ist ein Song eigentlich schon da und du schreibst ihn innerhalb von drei Minuten auf ein Blatt und der ist fix und fertig. Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Leute, die gehen ganz ins Studio. Paulo zum Beispiel, der geht morgens um 9 – der ist Fließbandarbeiter – ins Studio und abends um 18 Uhr nach Hause und hat in der Zeit drei Songs gemacht. So ist das bei mir nicht, weil ich nicht im herkömmlichen Sinne der Musiker bin, bin überall immer nur reingestolpert und hatte nie geplant, Sänger zu werden, wurde auf einmal Sänger und hatte nie geplant, eine CD aufzunehmen und habe auch eine CD aufgenommen. Habe nie geplant, die zu verkaufen und habe die dann verkauft.

mr. uniQue: Du hast nie geplant, Sänger zu werden. Wann war der Moment, als dir klar wurde: Ich möchte singen, ein Sänger werden?

Stahlhofen: Für mich war singen immer ein Katalysator, so wie andere auch unter der Dusche singen. Und ich bin irgendwann einmal bei einem Kumpel auf die Bühne gesprungen und habe gerappt. Das war so Ende der 80er, so Rap-Zeit. Oder Mitte der 80er. Da war ich 15 oder sowas. Da seh‘ ich, die Leute fahren total ab usw., ich war heiser, glücklich, die Girls sind abgefahren. Sowas müssen wir öfters machen. Angefangen Musik für mein Ego zu machen.

mr. uniQue: Und in welcher Sprache hast du gerappt? Deutsch oder Englisch? Du weißt, worauf ich hinaus will. Wann hast du evtl. die deutsche Sprache für dich beim Singen gefunden?

Stahlhofen: Gerappt habe ich auf Englisch, denn es war ja eine Coverband. Grandmaster Flash ist dir ja sicher ein Begriff. Die deutsche Sprache, wo ich da angefangen habe? Ich habe am Anfang immer überlegt: „Warum soll ich eigene Songs schreiben, wen interessieren meine Storys?“ Ich war also nicht so selbstsicher deswegen. Aber ich habe wahnsinnig gerne damals so Leute wie Udo Lindenberg, Stoppok usw. gehört, wo ich gedacht habe: „Ist schon geil, was die erzählen.“ Und dann kam Xavier eigentlich, ich war bis dahin nur ein Cover-Sänger, weil ich wahnsinnig gerne gesungen habe und diese ganzen Styles mag und der Xavier kam dann irgendwann und hat mir dann seine Sachen vorgespielt und seinen Song „20.000 Meilen“ präsentiert. Ist ja der erste „Söhne“-Song gewesen, der dann für Xaviers Solo-Album genommen worden ist, wo ich dann schon gedacht habe: „Das ist ein Knaller und da will ich jetzt mehr machen.“

mr. uniQue: Ab wann war Xavier eigentlich solo unterwegs? Bereits vor oder erst nach Gründung der Söhne Mannheims?

Stahlhofen: Der Xavier hat irgendwie `92 ein englisches Album aufgenommen und hatte sich danach die Söhne zusammengesponnen. Er ist ja auch der Ideengeber gewesen und hat uns dann alle eingesammelt. Kurz darauf ist er damit auch zu Moses gegangen und Moses hat ihn erstmal dann auch als Background-Sänger bei Sabrina geparkt und da gab es die ganze Zeit die Söhne schon. Stand bei ihm auch im Vertrag drin. Xavier macht ein Album bei 3P, aber die Söhne Mannheims sind außen vor. Und ich bin eigentlich erst durch die Söhne so richtig, wo ich für mich selber gedacht habe: „Okay, ich schreib‘ jetzt meine eigenen Geschichten auf.“ Wie gesagt, überall so nur hineingestolpert. Ich habe mit sovielen Leuten gearbeitet, die immer irgendwelche Vorprogramme dabei hatten, die so grottenschlecht waren, dass ich gedacht habe: „Das kriege ich aber auch noch hin.“ Wie gesagt: Am Anfang habe ich Musik für mich gemacht, bis ich gemerkt habe: „Leute gehen auf ein Konzert und hören dir zu.“

mr. uniQue: Anfangs habe ich dir ja auch von meinem exklusiven Club „uniQue society“ erzählt und dass der Schwerpunkt bzw. der Fokus darin liegt, dass sich die Mitglieder z. B. auf unseren Events real kennenlernen oder auch gemeinsam verreisen. Unsere Mitglieder wollen zusammen feiern, aber auch gemeinsam Gutes tun, denn das Feiern macht umso mehr Spaß, wenn man weiß, dass am Ende des Abends für einen guten Zweck immer was gespendet wird. Sozusagen eine „Charity-uniQue-society-Club-Tour“. Wärst du bereit, uns als Schirmherr zur Seite zu stehen bzw. uns bei der Auswahl des richtigen Zweckes zu helfen, wofür wir dann immer einen entsprechenden Betrag spenden würden?

Stahlhofen: Ich gebe dir recht, denn es ist so, wenn du weißt: „Hey, wir feiern und am Schluss bleibt da noch was hängen.“ Dann ist dieses Gefühl einfach geil. Weißt du, wenn ich sage: „Ich kassier‘ hier jetzt 12,- € Eintritt. Weißt du, was? Ich mach‘ 15,- € draus und spende die 3,- €.“ Und wenn du dich zu diesem Thema mit mir austauschen willst, kannst du dich jederzeit bei mir melden. Du hast ja gemerkt, ab und zu ist es etwas schwierig, mich zu erreichen, aber ansonsten schickst du mir einfach wieder eine E-Mail.

mr. uniQue: Vielen Dank für das sympathische und sehr interessante Interview.